Osterbotschaft mit „Ich“- und „Er-Modus“

Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.
Johannes 20,18

Der Monatsspruch für den Monat April aus Johannes 20,18 bildet den Abschluss der Erzählung von der Begegnung Marias von Magdala mit dem Auferstandenen, vordergründig die Ausführung des Auftrags Jesu, zu den „Brüdern“ zu gehen und ihnen auszurichten, wohin er unterwegs ist.

Die Faszination dieses Satzes liegt weniger in seinem Inhalt, sondern in der grammatikalischen Übersetzungsproblematik, in der BasisBibel durch Formulierung dreier Sätze mit selbstständigen Verben gelöst. Maria kommt bzw. geht zu den Jüngern. Kleine Beobachtung: Sie kommt verkündigend. Die Verkündigung ist in einer Partizipialform ausgedrückt.

Diese unglaubliche Begegnung mit Jesus macht die Existenz der Maria zu einer verkündigenden. Die Verkündigung ist nicht zu trennen von ihrem übrigen Tun. Alles, was sie tut, ist verkündigend. „Sie kommt verkündigend, dass …“ Und nun müsste ja eine indirekte Rede folgen. Aber damit tut sich Johannes schwer, er formuliert eine Ich-Botschaft: „Ich habe den Herrn gesehen!“, grammatikalisch ein Bruch (der auch in nachfolgenden Versionen geglättet wurde). Aber oft sind es diese sprachlichen Brüche, die uns auf inhaltliche Akzente aufmerksam machen.

Es geht hier um eine Zeugnisrede, um die Weitergabe einer Erfahrung mit „dem Herrn“. Da steckt ein Erlebnis dahinter, da ist Emotion dabei. Und da muss ein „Ich“ her. Das geht nicht in indirekter Rede. Was danach folgt, wird nun „grammatikalisch korrekt“ in indirekter Rede geschildert. Das ist Weitergabe der Worte Jesu.

Die BasisBibel führt hier ein weiteres Verb ein, das hier gar nicht steht. Wörtlich müsste es heißen: „Maria Magdalena kommt verkündigend zu den Jüngern, dass ich habe den Herrn gesehen, und dieser dieses gesagt hat.“ Eine solche Übersetzung ist syntaktisch unmöglich, aber sie macht deutlich, dass unsere verkündende Existenz immer in zwei Modi besteht, im Ich-Modus, der unsere Erfahrungen aus der Begegnung mit Jesus weitergibt, mit durchaus subjektiver Färbung. Und in dem Versuch der Weitergabe dessen, was Gott uns in seinem Wort gesagt hat, ich nenne es den „Er-Modus“, der sich möglichst objektiv am biblischen Zeugnis orientiert.

Ich wünsche Ihnen und Euch den Mut zur Verkündigung in beiden Modi in der kommenden Oster- und Nachosterzeit. Die Osterbotschaft geht nicht ohne Ich-Botschaften, sonst bleibt sie theoretisch. Sie wird aber beliebig, wenn sie nicht mit Er-Botschaften begleitet wird. Gesegnete Ostern!

Ihr Pfarrer Markus Mall, Kieselbronn und Dürrn

Quelle: Dekanatsrundbrief